Beschreibung
Das Thema Erblindung wird meist mit älteren Menschen in Verbindung gebracht und wird eher nicht bei jungen Menschen erwartet. Es gibt jedoch auch einige seltene, genetisch bedingte Erbkrankheiten, die vorwiegend jungen Betroffenen innerhalb weniger Monate das Augenlicht nehmen können.
Eine dieser Erkrankungen ist die Lebersche Hereditäre Optikus-Neuropathie, kurz LHON, bezeichnet.
Diese fortschreitende Krankheit wird mütterlicherseits vererbt. In Europa leiden schätzungsweise 2 von 100.000 Menschen an LHON, die meisten trifft die Erkrankung ganz plötzlich ohne Vorwarnung meist in einem Alter zwischen 15 und 35 Jahren. Aber auch in jedem anderen Alter kann LHON auftreten und das Leben der Betroffenen von heute auf morgen massiv beeinflussen.
Anzeichen für LHON
LHON macht sich oft durch folgende erste Symptome bemerkbar: Eine meist plötzlich beginnende, deutliche Sehstörung auf einem Auge, die zwar keine Schmerzen
verursacht, sich aber zunehmend verschlechtert. Nach wenigen Wochen oder Monaten ist in den meisten Fällen auch das zweite Auge betroffen. Viele Patienten berichten auch von undurchsichtigen „Flecken“ in der Mitte des Sichtfeldes, sogenannte „Skotome“. Zusätzlich ist die Lichtempfindlichkeit erhöht und Farben werden nicht mehr gut wahrgenommen – speziell Rot und Grün, bei manchen Patienten auch blaue und gelbe Farbtöne. Die Farbsehstörung und auch eine erhöhte Blendempfindlichkeit kann bei manchen Betroffenen sogar vor den anderen genannten Symptomen ein erstes Anzeichen einer LHON sein.
Es ist wichtig, diese Symptome sofort ernst zu nehmen und zum Augenarzt zu gehen.
Zur Verdeutlichung ein Vergleich der Wahrnehmung
Untersuchungen zur Stellung der Diagnose LHON
Die LHON ist keine reine Augenerkrankung, sondern kann möglicherweise auch das Nervensystem betreffende Symptome mit sich bringen.
Mögliche Untersuchungen können umfassen:
- Untersuchung des Sehvermögens (z.B. mit Hilfe von Sehtafeln)
- Ausführliche Untersuchung des Augenhintergrundes (sog. „Funduskopie“)
- Untersuchung der Netzhaut („Optische Kohärenz Tomographie“ oder kurz „OCT“)
- Vermessung des Gesichtsfelds (sog. „Perimetrie“)
- Beurteilung der Farbwahrnehmung
- Untersuchung von elektrischen Signalen des Sehnerven („visuell evozierte Potenziale“)
- Eventuell neurologische Untersuchungen
- Genetische Analyse der mitochondrialen DNA mittels eines Bluttestes: hierbei wird eine kleine Blutprobe genommen, mit der dann die Mutation in der DNA in der Regel eindeutig nachgewiesen und die Diagnose LHON gesichert werden kann
- Auch ein ausführliches Gespräch über bereits bekannte Sehstörungen in der Familie (sog. „Familienanamnese“) ist bei dem Verdacht auf LHON wichtig, da es sich um eine erbliche Erkrankung handelt.
Therapie der Lebersche Hereditäre Optikus-Neuropathie (LHON)
Unbehandelt kommt es bei den meisten Betroffenen innerhalb weniger Monate zum fast vollständigen Verlust des Sehvermögens, daher ist gerade eine frühzeitige Diagnose für den Erfolg einer Therapie und das mögliche Aufhalten der Erkrankung so wichtig.
In der Vergangenheit stand keine zugelassene Therapie für die LHON zur Verfügung. 2015 wurde jedoch das Arzneimittel Raxone® (Idebenon) von der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA)
zugelassen. Hiermit können jetzt Sehstörungen bei Jugendlichen und Erwachsenen, die unter LHON leiden, behandelt werden.
An weiteren Therapiemöglichkeiten, zum Beispiel einer gezielten Gentherapie der mitochondrialen Mutationen, wird derzeit noch geforscht.
Wirkmechanismus Idebenon
Idebenon (Raxone®) gehört zur pharmakotherapeutische Gruppe der „Psychoanaleptika, Andere Psychostimulantien und Nootropika; ATC-Code: N06BX13″
Idebenon, ein kurzkettiges Benzochinon, ist ein Antioxidans, von dem angenommen wird, dass es Elektronen direkt an den Komplex III der mitochondrialen Elektronentransportkette (Atmungskette) übertragen und somit Komplex I umgehen und die Gewinnung von zellulärer Energie (ATP) unter experimentellen Bedingungen eines Komplex-I-Defekts wiederherstellen kann. In ähnlicher Weise kann Idebenon bei LHON Elektronen direkt an den Komplex III der Elektronentransportkette übertragen und somit Komplex I, der von allen drei primären LHON verursachenden mtDNAMutationen betroffen ist, umgehen und die ATP-Gewinnung in den Zellen wiederherstellen. Möglicherweise kann Idebenon gemäß diesem biochemischen Wirkmechanismus lebensfähige, jedoch inaktive retinale Ganglienzellen (RGCs) bei Patienten mit LHON reaktivieren. Abhängig von der seit Einsetzen der Symptome verstrichenen Zeit und dem Anteil der bereits betroffenen RGCs kann Idebenon zur Wiederherstellung der Sehkraft bei Patienten mit Verlust der Sehfähigkeit beitragen [4]
Was bedeutet die Erbkrankheit LHON für meine Familie?
Die genetischen Mutationen, die für LHON verantwortlich sind, finden sich in den Mitochondrien, kleine Strukturen in den Zellen, die für die Energieerzeugung verantwortlich sind. Sogenannte mitochondriale DNA-Mutationen führen zu einem Energiemangel in den Zellen sowie zu einer erhöhten Ansammlung
von freien Radikalen, die für die Zellen einen erheblichen „Stress“ darstellen. Diese Vorgänge lösen in den Zellen des Sehnervs eine Störung aus, die schließlich dazu führen kann, dass die Zellen erheblich in ihrer Funktion eingeschränkt werden oder die Funktion ganz zum Erliegen kommen kann. Anders als z.B. Hautzellen, wachsen die Zellen des Sehnervs nicht nach oder bilden sich neu. Je mehr Sehnervzellen absterben, umso mehr wird daher das Sehvermögen beeinträchtigt. Die oben erwähnte mitochondriale DNA wird nur von der Mutter an ihre Kinder übertragen, man spricht daher auch von einer „maternaler Vererbung“. Eine Mutter, die den für LHON verantwortlichen Gendefekt trägt, kann diesen sowohl an ihre Söhne als auch ihre Töchter vererben. Männer erkranken
allerdings ca. 5 Mal häufiger als Frauen an einer LHON. Nur ca. 10-20% der Betroffenen sind Frauen. Wurde bei einem Patienten eine LHON diagnostiziert, empfiehlt es sich daher, dass sich die Angehörigen mütterlicherseits ebenso augenärztlich und ggf. humangenetisch untersuchen lassen. So können eventuelle Veränderungen der Augen erkannt und das mögliche Risiko zu erkranken besser eingeschätzt werden. Nicht immer muss der Träger einer Mutation erkranken. Durch regelmäßige Kontrollen beim Augenarzt können Veränderungen schnell erkannt und dementsprechend behandelt werden. Wichtig ist es daher, offen mit der Diagnose umzugehen und die Familie darüber zu informieren.
Vererbung der LOHN
Was muss der Patient nach der Diagnose beachten
Sogenannter „Zellstress“ spielt eine große Rolle bei den Krankheitsmechanismen von LHON. Dieser kann von einer nährstoffreichen und ausgewogenen Ernährung positiv beeinflusst werden. Hingegen sollte ein Übermaß an blausäurehaltige Nahrungsmittel wie Nüsse und Mandeln gemieden werden, insbesondere jedoch Nikotin / Zigarettenrauch sowie Alkohol. Vor allem die Vitamine A, B12, C und E
sowie das Spurenelement Selen gelten als wirksame Fänger von zellschädigenden freien Radikalen. Regelmäßiger Verzehr von Obst und Gemüse, Milchprodukten, hochwertigen Pflanzenölen sowie regelmäßige Fisch- und gelegentliche Fleischmahlzeiten sorgen dabei für eine gute Versorgung.
Nahrungsergänzungsmittel sollten hingegen nur nach Rücksprache mit dem behandelnden Facharzt eingenommen werden. Auch Sport, insbesondere Ausdauersport, kann sich auf LHON Patienten positiv auswirken. Welche Sportart optimal ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Neben der körperlichen Verfassung sollten auch individuellen Vorlieben berücksichtigt werden. Zu den gesündesten Ausdauersportarten gehören
unter anderem: Jogging, Radfahren, Schwimmen, Aqua Jogging und Walking.
Patienteninformation
Hier finden Sie eine kompakte Patienteninformationsbroschüre von Santhera zum Download
Videos zu LHON
Trial Update: Raxone – Santhera [PPMD’s 2017 Connect Conference]
Efficacy of Catena®/Raxone® (Idebenone) on Respiratory Outcome in Duchenne (Oct 2014)
Literatur und Quellen
- Bereitgestellt von Santhera Pharmaceuticals (Deutschland) GmbH Stand 09-2018
- Theodorou-Kanakari A., et al. Current and Emerging Treatment Modalities for Leber’s Hereditary Optic Neuropathy: A Review of the Literature. Adv Ther. 2018 Sep 1. doi: 10.1007/s12325-018-0776
- Kim US1,2,et al. Leber Hereditary Optic Neuropathy-Light at the End of the Tunnel? Asia Pac J Ophthalmol (Phila). 2018 Jul-Aug;7(4):242-245. doi: 10.22608/APO.2018293. Epub 2018 Jul 15. [free full text]
- EMA European public assessment report Idebenon Date of authorisation 08-09-2018 LINK