Fertigarzneimittel
- Tysabri®
Anwendung
Natalizumab ist für die krankheitsmodifizierende Monotherapie von hochaktiver, schubförmig remittierend verlaufender Multipler Sklerose (MS) bei folgenden Patientengruppen indiziert:
- Erwachsene Patienten ab 18 Jahren mit hoher Krankheitsaktivität trotz Behandlung mit einem Interferon-beta oder Glatirameracetat, definiert als Patienten, die nicht auf einen vollständigen und angemessenen (normalerweise mindestens ein Jahr dauernden) Zyklus einer Interferon-beta oder Glatirameracetat. Therapie angesprochen haben. Bei den Patienten sollte es während der Therapie im vorangegangenen Jahr zu mindestens einem Schub gekommen sein und sie sollten mindestens 9 T2-hyperintense Läsionen in der kranialen Magnetresonanztomographie (MRT) oder mindestens 1 Gadolinium anreichernde Läsion aufweisen. Ein „Non-Responder“ ist zu definieren als ein Patient mit einer im Vergleich zum Vorjahr unveränderten oder vermehrten Schubrate oder anhaltend schweren Schüben.oder
- Erwachsene Patienten ab 18 Jahren mit rasch fortschreitender schubförmig remittierend verlaufender Multipler Sklerose, definiert durch 2 oder mehr Schübe mit Behinderungsprogression in einem Jahr, und mit 1 oder mehr Gadolinium anreichernden Läsionen in der MRT des Gehirns oder mit einer signifikanten Erhöhung der T2-Läsionen im Vergleich zu einer kürzlich durchgeführten MRT.
Wirkmechnismus
Die aktive Substanz von Tysabri® ist Natalizumab ein monoklonarer Antikörper, welcher designet wurde um ein spezifischen Bereich des Proteins Integrin zu erkennen und daren zu binden. Integrine sind auf der Oberfläche der meisten Leukozyten zu finden. Durch Blockierung Integrins hindert Natalizumab Leukozyten daran aus dem Blut in das Gehirn überzutreten. Dies reduziert Entzündungen und Nervenschädigungen durch MS. [1]
Besondere Vorsichtsmaßnahmen
Progressive multifokale Leukenzephalopathie (PML)
Die Anwendung von Natalizumab wurde mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung einer PML, einer durch das JC-Virus hervorgerufenen opportunistischen Infektion, in Zusammenhang gebracht, die tödlich verlaufen oder zu einer schweren Behinderung führen kann. Aufgrund dieses erhöhten Risikos für die Entwicklung einer PML sind die Vorteile und Risiken einer Behandlung mit Natalizumab , nach Rücksprache des Spezialisten (Facharzt) mit dem jeweiligen Patienten, neu zu überdenken.
Der Patient muss zusammen mit seinen Pflegepersonen über erste Anzeichen einer PML und deren Symptome in Kenntnis gesetzt werden.
Die folgenden Risikofaktoren sind mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung einer PML assoziiert.
- Vorliegen von anti-JCV-Antikörpern
- Behandlungsdauer, insbesondere bei langfristiger Behandlung über 2 Jahre hinaus. Die Erfahrungen bei Patienten, die Natalizumab über einen Zeitraum von 4 Jahren hinaus erhielten, sind begrenzt. Daher kann das Risiko einer PML bei diesen Patienten derzeit nicht eingeschätzt werden.
- Behandlung mit Immunsuppressiva vor der Anwendung von Natalizumab
Nach dem anti-JCV-Antikörperstatus sind verschiedene Risikoniveaus für die Entwicklung einer PML bei mit Natalizumab behandelten Patienten bekannt. Anti-JCV-Antikörper-positive Patienten tragen im Vergleich zu anti-JCV-Antikörper-negativen Patienten ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer PML. Patienten, die mit allen drei Risikofaktoren für die Entwicklung einer PML behaftet sind (d. h. anti-JCV-Antikörper-positiv sind und eine Anwendung von TYSABRI über 2 Jahre hinaus erhalten haben und zuvor mit Immunsuppressiva behandelt wurden) tragen ein signifikant höheres Risiko für die Entwicklung einer PML. Bei Patienten, die mit allen drei Risikofaktoren behaftet sind, sollte die Behandlung mit Natalizumab nur dann fortgesetzt werden, wenn der Nutzen die Risiken überwiegt. Für die Quantifizierung des PML-Risikos in den verschiedenen Patienten-Untergruppen siehe „Arztinformation und Managementleitlinien“.
Für die Ermittlung des Risikoniveaus der Behandlung mit Natalizumab ist ein Test auf anti-JCV-Antikörper aufschlussreich. Vor Beginn der Behandlung mit Natalizumab oder bei Patienten, die Natalizumab bei unbekanntem Antikörper-Status erhalten, wird ein Test auf anti-JCV-Antikörper im Serum empfohlen. Auch bei negativem anti-JCV-Antikörper-Test tragen Patienten nach wie vor ein PML-Risiko. Gründe hierfür können beispielsweise eine neu erworbene JCV-Infektion, Schwankungen im Antikörper-Status oder falsch-negative Testergebnisse sein. Es wird empfohlen, anti-JCV-Antikörper-negative Patienten alle 6 Monate erneut zu testen. Der anti-JCV-Antikörper-Assay ist jedoch nicht für die Diagnose einer PML geeignet. Während des Zeitraums einer Plasmaaustauschbehandlung und noch mindestens zwei Wochen danach sollte keine Testung auf anti-JCV-Antikörper durchgeführt werden, da durch dieses Verfahren die Antikörper aus dem Serum entfernt werden.
Vor Beginn der Behandlung mit Natalizumab sollte eine aktuelle MRT-Aufnahme vorliegen (gewöhnlich nicht älter als 3 Monate), die als Vergleichsaufnahme herangezogen werden kann. Diese sollte routinemäßig auf jährlicher Basis aktualisiert werden. Die Patienten müssen in regelmäßigen Abständen über die gesamte Behandlungsdauer hinweg kontrolliert werden. Nach 2 Jahren müssen alle Patienten erneut über die Risiken der Entwicklung einer PML unter Natalizumab aufgeklärt werden.
Für den Fall, dass Verdacht auf eine PML besteht, muss die Gabe von Natalizumab so lange ausgesetzt werden, bis eine PML ausgeschlossen werden kann.
Der behandelnde Arzt sollte den Patienten untersuchen, um entscheiden zu können, ob die Symptome auf eine neurologische Dysfunktion hindeuten, und falls ja, ob diese Symptome typisch für die MS sind oder möglicherweise auf eine PML hinweisen. Wenn irgendwelche Zweifel bestehen, sind weitergehende Untersuchungen einschließlich einer MRT-Untersuchung, vorzugsweise mit Kontrastmittel (zum Abgleich mit dem MRT-Befund, der vor Behandlungsbeginn erhoben wurde), Liquortests auf DNA des JC-Virus und wiederholte neurologische Kontrolluntersuchungen in 6
Erwägung zu ziehen, wie in „Arztinformation und Managementleitlinien“ beschrieben (siehe „Fachliche Unterstützung“). Sobald der behandelnde Arzt eine PML ausgeschlossen hat (gegebenenfalls durch Wiederholung der klinischen, bildgebenden und/oder Laboruntersuchungen, wenn der klinische Verdacht bestehen bleibt), kann die Gabe von Natalizumab wieder aufgenommen werden.
Der Arzt sollte insbesondere auf Symptome achten, die auf eine PML hindeuten, die der Patient möglicherweise nicht bemerkt (z.B. kognitive oder psychiatrische Symptome). Außerdem sollte den Patienten empfohlen werden, ihren Partner oder Pfleger über ihre Behandlung zu informieren, da diese Symptome feststellen könnten, die der Patient nicht bemerkt.
Es liegen Berichte über das Auftreten einer PML nach dem Absetzen von Natalizumab bei Patienten vor, bei denen es zum Zeitpunkt des Absetzens keine Hinweise auf eine PML gab. Patienten und Ärzte sollten daher auch nach dem Absetzen von Natalizumab für ungefähr weitere sechs Monate auf neue Anzeichen oder Symptome achten, die möglicherweise auf eine PML hindeuten.
Entwickelt ein Patient eine PML, muss die Gabe von Natalizumab dauerhaft abgesetzt werden.
Nach Wiederherstellung der Immunabwehr bei immungeschwächten Patienten mit PML wurde ein besserer Behandlungserfolg beobachtet.
PML und IRIS (inflammatorisches Immunrekonstitutionssyndrom)
Ein IRIS tritt bei fast allen mit Natalizumab behandelten PML-Patienten nach dem Absetzen oder der Elimination von Natalizumab auf, wie sie beispielsweise bei einem Plasmaaustausch erfolgt (siehe Abschnitt 5.2). Es wird angenommen, dass das IRIS infolge der Wiederherstellung der Immunfunktion bei Patienten mit PML auftritt, was zu schwerwiegenden neurologischen Komplikationen führen und tödlich verlaufen kann. Die Überwachung einer Entwicklung eines IRIS, das bei mit TYSABRI behandelten Patienten mit PML innerhalb von Tagen bis einigen Wochen nach dem Plasmaaustausch aufgetreten ist, sollte erfolgen und eine geeignete Behandlung der damit einhergehenden entzündlichen Reaktion während der Genesung von der PML sollte eingeleitet werden (weitere Informationen siehe „Arztinformation und Managementleitlinien“).
Sonstige opportunistische Infektionen
Unter der Anwendung von Natalizumab wurde über sonstige opportunistische Infektionen berichtet, vorwiegend bei Patienten mit Morbus Crohn, bei Patienten, die immungeschwächt waren oder bei denen eine relevante Komorbidität vorlag. Jedoch kann ein erhöhtes Risiko für sonstige opportunistische Infektionen unter der Anwendung von TYSABRI bei Patienten ohne diese Komorbiditäten derzeit nicht ausgeschlossen werden. Opportunistische Infektionen wurden auch bei MS-Patienten festgestellt, die mit Natalizumab als Monotherapie behandelt wurden (siehe Abschnitt 4.8).
Der verordnende Arzt sollte sich über die Möglichkeit von sonstigen opportunistischen Infektionen während der Natalizumab-Therapie bewusst sein und diese in die Differentialdiagnose von Infektionen, die bei einem mit Natalizumab behandelten Patienten auftreten, mit einbeziehen. Wenn eine opportunistische Infektion vermutet wird, muss die Gabe von Natalizumab so lange ausgesetzt werden, bis diese durch weitere Untersuchungen ausgeschlossen werden kann.
Wenn ein mit Natalizumab behandelter Patient eine opportunistische Infektion entwickelt, muss die Gabe von Natalizumab dauerhaft abgesetzt werden.
Rote-Hand-Briefe
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vom 14.03.2016 Aktualisierung der Maßnahmen zur Minimierung des PML-Risikos
Rote-Hand-Brief: Tysabri – Natalizumab (11.03.2016) (pdf, 673 KB, Datei ist nicht barrierefrei)
Literatur & Quellen
- EMA/349589/2011 EMEA/H/C/000603 EPAR summary for the public Tysabri natalizumab This summary was last updated in 12/11/2015. LINK