Die Polarographie ist eine Sonderform der Voltammetrie. Sie dient zur quantitativen Bestimmung von Ionen in einer Lösung. Die IUPAC definiert den Begriff nur für Anordnungen mit einer flüssigen Elektrode deren Oberfläche periodisch oder kontinuierlich erneuert wird. [1;2] Das besondere ist die Verwendung einer Quecksilbertropfelektrode. Der Name Polarographie leitet sich davon ab, dass Polarisationserscheinungen graphisch dargestellt werden.
Theorie
Die Polarographie ist eine elektroanalytische (elektrochemische) Methode aus dem Bereich der Voltammetrie. Das Prinzip beruht auf eine Elektrolyse mit zwei Elektroden, wobei eine Elektrode polarisierbar und eine nicht-polarisierbar. Befindet sich zwei Elektroden in einem Elektrolyten und wird an diesen eine elektrische Spannung angelegt, so ziehen die Ladungen der Elektroden Ionen in entgegengestzter Polarisation an. Ionen werden von der Oberfläche der Elektroden adsorbiert. Die daraus entstehende Schicht wird als „innere Helmholtz-Schicht“ (IHP, Inner Helmholtz Plane) bezeichnet. Die sich an die Elektrode anlagernden, aber noch gelösten Ionen werden als „äußere Helmholtz-Schicht“ (OHP, Outer Helmholtz Plane) bezeichnet. Die diffus an die Elektrode gebundenen Ionen werden als Gouy-Chapmann-Schicht (Gouy-Chapman-layer) bezeichnet. Beide Helmholt-Schichten zusammen mit der Gouy-Chapmann-Schicht ergeben die elektrochemische Doppelschicht (DL, double layer). Im Gegensatz zu Messungen an galvanischen Zellen kommt es bei der Polarographie zu einem Stromfluss mit Stoffumsatz des Analyten. Dieser ist jedoch meist vernachlässigbar gering. Angewendet werden kann die Polarographie sowohl bei anorganische, als auch auf organische Analyten
Aufbau Polarographie
Als Arbeitselektrode dient eine Quecksilbertropfelektrode. Diese ist wie folgt aufgebaut. An das Quecksilber-Reservoir wird eine Kapillare mit einem Verbindungsschlauch angeschlossen. Die Kapillare wird in die Analysenlösung eingetaucht. Mit einer Schlauchpumpe wird die Tropfgeschwindigkeit reguliert. Als Bezugselektrode (Referenzelektrode) wird meist eine Ag/AgCl-Elektrode oder eine Kalomelelektrode (Hg2Cl2) verwendet.
Heutzutage ist eine Drei-Elektroden Anordnung bestehend aus einer Arbeitselektrode (working electrode WE), einer Gegenelektrode (auxiliary electrode RE) und einer Referenzelektrode (reference electrode RE) üblich. Sobald eine Reaktion des Analyten an der Arbeitselektrode beginnt flißt Strom. Im Gegensatz zur Coulometrie wird der Analyt dabei nur in sehr geringen Mengen reduziert bzw. oxidiert. Zur Aufnahme der Meßsignale wird ausserdem noch ein Potentiostat, ein Stromverstärker benötigt. [3]
Bei der klassischen Gleichstrom-Polarographie (DCP direct-current-polarography) wird meist eine 3-Elektroden-Anordnung mit potentiostatischer Kontrolle gewählt. an eine Zelle eine stetig steigende Gleichspannung in den Bereichen von 0 bis -2 V oder 0 bis +0.5 V angelegt und der sich einstellende Strom gemessen. Auf diese Art wird eine Strom-Spannungs-Kurve erhalten, die qualitative und quantitative Rückschlüsse auf den Analyten zuläßt. [1]
Polarogramm
Durch eine Spannungsquelle wird eine über die Zeit ansteigende Potentialdifferenz zwischen den Elektroden erzeugt. Im sogenannten „Polarogramm“ wird der der Elektrolysestrom I als Funktion gegen die Spannung U aufgezeichnet. Die aufgezeichneten Stromstufen sind charakteristisch für bestimmte Ionen. Die Höhe der Stromstufen wird als Diffussionsgrenzstrom I bezeichnet und erlaubt Rückschlüsse auf die Ionenkonzentration. Wenn Tropfzeit, Quecksilberdurchsatz und Temperatur (wegen der Temperaturabhängigkeit des Diffusionskoeffizienten) bekannt sind und konstant gehalten werden, kann die Depolarisatorkonzentration über die Ilkovic-Gleichung direkt aus dem Diffusionsgrenzstrom bestimmt werden.
Sonderformen der Polarographie
- Derivativpolarografie
- Differenz-Gleichstrompolarografie
- Differentielle Impulspolarographie
- Gleichstrom-Polarographie (DCP direct-current-polarography)
- Inverse Polarographie
- Invers-Voltammetrie
- Kalousek-Polarografie
- Kathodenstrahlpolarografie
- Pulspolarografie
- Rapid-Polarografie
- Square-Wave-Polarographie
- Wechselstrompolarografie
Geschichte der Polarographie
Entdeckt und entwickelt wurde die Polarographie von Jaroslav Heyrovský bereits 1922. Im Jahre 1959 erhielt er dafür den Chemie-Nobelpreis.
Videos zum Thema
Polarographie in der Anwendung
Literatur & Quellen
- Agger, J. (1998) „Entwicklung und Anwendung eines vollautomatischen voltammetrischen Analysensystems zur Bestimmung von Schwermetallspuren in Lebensmitteln und biologischen Materialien“ Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades des Fachbereiches Chemie der Universität Hamburg
- IUPAC Compendium of analytical nomenclature, Pergamon Press, Oxford, England (1978)
- Bestry J. (2011) „Neue Konzepte in der Voltammetrie Tropfende Kohleelektrode und ionische Flüssigkeiten“ Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades des Doktors der Naturwissenschaften (Dr. rer. nat.) eingereicht im Fachbereich Biologie, Chemie, Pharmazie
der Freien Universität Berlin LINK